Jobsharing als neues Arbeitsmodell?

von Karin Brust

Aktualisiert: 14.06.2022 Lesedauer: ca 4min

Fachkräftemangel, demografische Veränderungen und eine steigende Anzahl offener Stellen wirken auf den Arbeitsmarkt.  Zusätzlich verändern sich die Bedürfnisse der ArbeitnehmerInnen: Flexible Arbeitszeiten, remote Möglichkeiten oder Teilzeitmodelle rücken mehr in den Fokus. Jobsharing ist ein weiteres Modell in der New Work Welt. Welche Vorteile eröffnen sich Arbeitgebern mit Jobsharing und welche verschiedenen Formen bietet dieses moderne Arbeitsplatzmodell?  

Was ist Jobsharing?

Jobsharing, auch genannt Arbeitsplatzteilung, ist ein unkonventionelles, flexibles Arbeitszeitmodell. Dabei teilen sich zwei oder mehr ArbeitnehmerInnen mindestens eine Vollzeitstelle. Im Gegensatz zum klassischen Teilzeitmodell, bei welchem KollegInnen in der Regel unabhängig voneinander arbeiten, ist die Absprache untereinander Voraussetzung. Verantwortlichkeiten, Aufgaben und Arbeitszeiten werden zwischen den ArbeitspartnerInnen flexibel und selbstständig aufgeteilt. Oftmals wird Jobsharing für anspruchsvolle Fachfunktionen oder Führungspositionen eingesetzt.

Wie funktioniert der Trend zum Teilen?

Jobsharing bietet ArbeitnehmerInnen viel Flexibilität und diverse Jobsharing-Konstellationen. Zum einen kann der Arbeitgeber Zeitrahmen und Aufgaben vor Jobsharing Beginn genau festlegen, wodurch die ArbeitspartnerInnen sehr unabhängig voneinander tätig werden. Zum anderen bietet es die Möglichkeit der projektbasierten Zusammenarbeit oder einer individuellen Aufteilung des Jobs durch die Jobsharer. Dabei arbeiten die Jobsharer gemeinsam an einer Aufgabe oder teilen sich Verantwortung, Entscheidungen, Arbeitsinhalte und legen auch die Arbeitszeit flexibel untereinander fest. Vor Start wird vom Arbeitgeber einzig die Stundenaufteilung bzw. Anstellungsbasis festgelegt: 20/80, 30/70 oder 50/50 Regelungen für eine Vollzeitstelle sind beim Jobsharing genauso möglich wie das Teilen einer 30 Stunden Anstellung. Je nach Job, individueller Absprache zwischen ArbeitspartnerInnen und vertraglicher Gestaltung mit dem Arbeitgeber kann die Aufteilung der Arbeitszeit auch Tage-, Wochen- oder Monatsweise stattfinden. Wird dies nicht gewünscht, wird empfohlen dies vertraglich festzuhalten. 

Jobsharing Formen im Überblick

Beim Jobsharing wird eine Arbeitsstelle vom Arbeitgeber auf mehrere MitarbeiterInnen aufgeteilt. In der Regel teilen sich zwei ArbeitnehmerInnen einen Vollzeitjob, doch es existiert eine breite Palette an Aufteilungsmöglichkeiten und Jobsharing-Modellen. Aktuell lassen sich folgende Varianten unterscheiden:

Beim Jobsharing wird eine Arbeitsstelle vom Arbeitgeber auf mehrere MitarbeiterInnen aufgeteilt. In der Regel teilen sich zwei ArbeitnehmerInnen einen Vollzeitjob, doch es existieren diverse Jobsharing Modelle. Aktuell unterscheiden sich folgende Varianten:

  1. Job-Splitting: Beim Job-Splitting können ArbeitnehmerInnen zeitversetzt oder gleichzeitig zusammenarbeiten. Die Arbeitszeit der Jobsharing-PartnerInnen kann dabei flexibel gestaltet werden. Bei diesem Jobsharing Ansatz wird eine Vollzeitstelle in eine oder mehrere voneinander unabhängige Teilzeitstellen aufgeteilt - damit entspricht Job-Splitting am ehesten dem bereits bekannten Teilzeitmodell. Die Aufgabenprofile sind ident und es besteht seitens der ArbeitspartnerInnen wenig Bedarf zur inhaltlichen Absprache. 

  2. Job-Pairing: Im Unterschied zum Job-Splitting arbeiten die Jobsharer beim Job-Pairing sehr eng zusammen. Sie treffen alle wichtigen Entscheidungen gemeinsam, stimmen sich hinsichtlich der Aufgabenerfüllung untereinander ab oder teilen ihre Projekte und Aufgaben nach ihren individuellen Stärken auf. Final tragen sie die Verantwortung für die jobrelevanten Umsetzungen gemeinsam. Somit versteht sich unter Job-Pairing am ehesten das klassische Jobsharing.

  3. Top-Sharing: Beim Top-Sharing teilen sich zwei oder mehr ArbeitnehmerInnen eine Führungsposition und tragen gleichermaßen zur Aufgabenerfüllung bei. Neben den Aufgaben werden auch Führungsverantwortung sowie Entscheidungen hinsichtlich Strategie und Investitionen zwischen den Jobsharern geteilt.

  4. Tandem / Komplementärarbeit: Beim Tandem (auch genannt Komplementärarbeit) werden Arbeitszeit und Arbeitsaufgaben vorab für beide Jobsharer festgelegt. Dadurch ist die Arbeitszeitgestaltung zwischen den ArbeitspartnerInnen in der Regel nicht ganz so flexibel, wie in anderen Jobsharing Modellen. Oftmals bauen Arbeitsergebnisse aufeinander auf und fließen in die in die Folgearbeit des/der Jobsharing-Kollegen/In. Die Aufgabenerfüllung findet somit komplementär statt. 

  5. Split-Level-Sharing: Beim Split-Level-Sharing wird eine Stelle anhand des Qualifikationsniveaus zwischen den Jobsharing-PartnerInnen aufgeteilt, heißt Aufgaben werden nach Kompetenzen und Verantwortlichkeiten verteilt. Dadurch kommen neben den Vorlieben auch die Stärken der Jobsharer besser zur Geltung, was wiederum positiv auf die Arbeitsergebnisse wirkt.

Für wen eignet sich das moderne Arbeitsplatzmodell?

Grundsätzlich entscheidet jeder für sich, ob Jobsharing das Richtige ist - ArbeitnehmerInnen und Arbeitgeber. In manchen Branchen und Unternehmensbereichen passt das Modell besser als in anderen, grundlegend kann es jedoch überall Anwendung finden. Hier ein paar Beispiele für Jobsharing in der Praxis: Im Vertrieb lassen sich KundInnen entsprechend unter ArbeitspartnerInnen aufteilen, in Führungspositionen werden Verantwortungen gesplittet oder Fach- und Führungsexpertise getrennt und in der IT können Arbeitsaufgaben unter Jobsharer verteilt werden. Die Voraussetzungen für ein gut funktionierendes Jobsharing liegen aber vor allem in einer guten Kommunikationsfähigkeit, einem entsprechenden Organisationstalent, einem hohen Grad an Kompromissbereitschaft und vorhandenem Vertrauen und Verständnis für Situationen, Anforderungen für eine gute Zusammenarbeit mit dem/der JobsharingpartnerIn. Somit eignen sich auch jegliche Projektmanagement-Tätigkeiten bestens für Jobsharing.

Vorteile & Nachteile mit Jobsharing

Durch die Flexibilität birgt das Modell nicht nur Vorteile für ArbeitnehmerInnen, sondern auch für Arbeitgeber. Kompetenzen können entsprechend verteilt und eingesetzt werden und durch flexible Arbeitsteilung und variable Arbeitszeiten lassen sich auch kurzfristig Projekte schnell und gut umsetzen. Um reibungslose Abläufe zu gewährleisten, sollte man jedoch auch einen entsprechenden Organisationsaufwand einberechnen. Dieser könnte etwas höher ausfallen als ohne Jobsharing. Besonders sinnvoll ist Jobsharing, um Talente auch nachhaltig im Unternehmen zu halten. Dies zeigt sich bei schwer zu besetzenden Schlüsselpositionen oder Stellen mit einem extrem hohen Arbeitsvolumen und Verantwortung. Durch Jobsharing bei Führungskräften lässt sich die Burn-Out-Rate vermindern, der Stresspegel senken und die Überstunden reduzieren. Doch auch Lebensumstände und Situationen bei MitarbeiterInnen können Veränderungen mit sich bringen - Jobsharing ist eine ideale Möglichkeit, um auf die Bedürfnisse von ArbeitnehmerInnen einzugehen und gute MitarbeiterInnen im Unternehmen zu halten. Durch die Aufteilung von Aufgaben und Verantwortung sowie den Einsatz von persönlichen Stärken und Vorlieben zeigt sich bei Jobsharer eine höhere Motivation und Produktivität.  

Vorteile mit Jobsharing: 

  • Mehr Zeit für Kinderbetreuung, pflegebedürftige Personen, für sich selbst, eigene Projekte oder individuelle Weiterbildung

  • Ausgewogene Work-Life-Balance

  • Abgabe von Verantwortung, Reduktion von Überstunden, Stressreduktion

  • Einsatz persönlicher Stärken & Vorlieben der Mitarbeitenden

  • Höhere Motivation und gesteigerte Produktivität

  • Gesteigerte MitarbeiterInnen-Zufriedenheit durch das Eingehen auf individuelle Bedürfnisse

  • Nachhaltige MitarbeiterInnen-Bindung

Rechtliche Grundlagen beim Jobsharing

Stundenanzahl und Gehalt werden für jeden Jobsharer individuell in einem Arbeitsvertrag festgehalten. Da der Arbeitgeber beim Jobsharing teilweise auf sein Direktionsrecht bezüglich der Arbeitszeiten verzichtet, müssen bestimmte Arbeitskonstellationen vorab vertraglich festgehalten werden. Wenn Sie als Arbeitgeber beispielsweise keine monatlich, sondern nur höchstens wöchentlich wechselnde Arbeitszeiten wünschen, regeln Sie dies am besten direkt im Arbeitsvertrag. Weiters hat jeder Jobsharer Anspruch auf Urlaub, wie in jedem anderen klassischen ArbeitnehmerInnen-Vertrag. Wichtig: Es besteht keine Rechtsbeziehung zwischen den ArbeitspartnerInnen. Im Falle einer Kündigung durch einen Jobsharer ist der Arbeitgeber nicht berechtigt den anderen Jobsharer zu kündigen. Ebenso ist ein Jobsharer bei Ausfall seines/r Jobsharing-PartnerIn nicht automatisch zur Vertretung verpflichtet - außer dies wurde vertraglich so geregelt.

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